Suu Kyi ein Jahr nach Putsch in Myanmar der Wahlmanipulation beschuldigt
Ein Jahr nach dem Militärputsch in Myanmar hat die Junta die frühere De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi offiziell der angeblichen Wahlmanipulation beschuldigt. Suu Kyi werde wegen der Beeinflussung von Mitgliedern der Wahlkommission nach der Parlamentswahl 2020 vor Gericht gestellt, hieß es am Montag aus mit dem Fall vertrauten Kreisen.
Derselbe Vorwurf wird den Angaben zufolge gegen den früheren Präsidenten und engen Suu-Kyi-Verbündeten Win Myint erhoben. Mehrere Mitglieder der Wahlkommission, denen die Junta die Steuerung des Wahlsiegs von Suu Kyis Partei NLD bei der Wahl 2020 zur Last legt, wurden demnach festgenommen.
Die 76-jährige Suu Kyi ist seit dem Putsch am 1. Februar 2021 inhaftiert. Die Junta hat sie seither mit einer Reihe von Anschuldigungen überzogen. Bisher wurde sie wegen der angeblichen illegalen Einfuhr von Funkgeräten, Verstößen gegen die Corona-Regeln und Aufstachelung gegen das Militär zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt.
Die Junta hatte ihre gewaltsame Machtübernahme vor einem Jahr mit angeblichem Wahlbetrug bei der Parlamentswahl 2020 begründet. Im Juli erklärte sie den Wahlsieg der NLD für ungültig. Unabhängige Wahlbeobachter bezeichneten die Wahl dagegen als weitgehend frei und fair.
Die Junta hat angekündigt, bis spätestens August 2023 eine Wahl abzuhalten - sollte die Ordnung in Myanmar bis dahin wiederhergestellt sein. Derzeit wird das südostasiatische Land allerdings von Kämpfen zwischen dem Militär und Widerstandsgruppen erschüttert.
Ihren Gegnern drohte die Junta vor dem Jahrestag am Dienstag mit einer harten Strafverfolgung. So könnten Teilnehmer lautstarker Proteste gegen das Militär sowie die Verbreitung von "Propaganda" auf der Grundlage der Anti-Terror-Gesetzgebung vor Gericht gezogen werden.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete die Situation in Myanmar als "humanitäre Katastrophe". Auch ein Jahr nach dem Putsch fliege das Militär noch "wahllose Luftangriffe", bei denen Zivilisten getötet würden. Zudem blockiere die Junta die Vergabe lebensrettender Hilfsgüter.
Theresa Bergmann, Asien-Expertin bei der deutschen Amnesty-Sektion, forderte die Bundesregierung dazu auf, sich für ein "globales Waffenembargo" gegen Myanmar einzusetzen. Ausländische Unternehmen, die noch mit dem Militär in Myanmar zusammenarbeiteten, müssten diese Kooperation einstellen. "Die Geldzufuhr, durch die das Militär seine Gräueltaten finanziert, muss gestoppt werden", verlangte Bergmann. Zuletzt hatten der französische Energieriese Total Energies und der US-Ölkonzern Chevron ihren Rückzug aus Myanmar angekündigt.
L.Bufalini--PV