Papst Franziskus hält Messe bei historischem Besuch auf Korsika
Papst Franziskus hat bei einem historischen Besuch auf Korsika am Sonntag eine Messe mit rund 9000 Gläubigen gefeiert. Bei seiner Predigt kam er auch auf den in Frankreich geltenden Laizismus, die gesetzlich festgelegte Trennung von Kirche und Staat, zu sprechen. Der 87-Jährige forderte einen "sich entwickelnden und dynamischen" Laizismus, bei dem staatliche und kirchliche Stellen im Sinne des Allgemeinwohls zusammenarbeiten. Es war der erste Besuch eines Papstes auf Korsika überhaupt.
Der Papst plädierte für einen Laizismus, der "nicht statisch und fixiert" sei und in der Lage sei, "die ständige Zusammenarbeit zwischen zivilen und kirchlichen Behörden für das Wohl der gesamten Gemeinde zu fördern". Gleichzeitig müssten Kirche und Staat "die Grenzen ihrer Kompetenzen" wahren.
Franziskus warnte unter dem strahlend blauen korsischen Himmel zudem vor dem "Risiko", dass "die Volksfrömmigkeit von Gruppen instrumentalisiert wird, die versuchen, ihre Identität (...) zu stärken, indem sie Engstirnigkeit, Gegensätze und ausschließende Haltungen fördern". Der Laizismus ist in Frankreich immer wieder Gegenstand politischer Diskussionen und wird unter anderem bei Debatten um islamische Symbole wie das Kopftuch ins Feld geführt.
Die Predigt des Papstes könnte auch auf aktuelle politische Diskussionen auf Korsika abgezielt haben. Auf der Mittelmeerinsel, die laut Vatikan zu 80 Prozent katholisch ist, fordert die nationalistische Bewegung Mossa Palatina die Bewahrung des "Vorrangs des Katholizismus", indem sie vor Zuständen wie auf der griechischen Insel Lampedusa warnt, die für viele Migranten der Ankunftsort in Europa ist. Franziskus hat sich oft dafür ausgeprochen, Migranten willkommen zu heißen.
Sicherheitskreisen zufolge verfolgten insgesamt über 17.000 Menschen die Messe. Wer keinen Platz mehr vor der Bühne ergattert hatte, verfolgte die Übertragung auf an weiteren Plätzen in Ajaccio aufgestellten Bildschirmen.
Franziskus dankte dem korsischen Kardinal François-Xavier Bustillo für den Tag auf der Insel, an dem er sich "wie zu Hause gefühlt hat". Bustillo sagte, Franziskus' Besuch sei "eine wahre Salbung" für Korsika.
Bei einer zweiten Rede rief der Papst zum Frieden im Nahen Osten und "für das ukrainische und russische Volk" auf. Zudem gedachte er der wahrscheinlich hunderten Opfer, die im französischen Überseegebiet Mayotte durch den Zyklon "Chido" ums Leben kamen.
Zuvor war der Argentinier bei seiner Fahrt im Papamobil durch Ajaccio bejubelt worden. Er segnete Kinder, eine 108-jährige Frau und sogar eine Pizza, die ihm ein Verkäufer hinhielt.
Vor seinem Abflug am Abend traf Franziskus den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der ihm laut einem Bericht des Senders BFMTV ein Buch über die Wiedereröffnung der Pariser Kathedrale Notre-Dame schenkte. Der Papst war der feierlichen Wiedereröffnung der Kirche nach dem verheerenden Brand von 2019 in der vergangenen Woche trotz einer Einladung ferngeblieben, was in Frankreich für Kritik gesorgt hatte.
Die katholische Kirche ist in Frankreich nach zahlreichen Missbrauchsskandalen in desolatem Zustand. Für Franziskus ist es der dritte Besuch in Frankreich. Sein Vorgänger Benedikt XVI. hatte 2008 Paris und Lourdes besucht. Johannes Paul II. war acht Mal nach Frankreich gereist.
L.Bufalini--PV