Krankenhäuser rechnen mit wieder steigender Zahl an Corona-Intensivpatienten
Wegen der aktuell hohen Corona-Infektionszahlen rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) mit einer wieder steigenden Zahl an Intensivpatienten. Die Pandemie sei "noch lange nicht vorbei", sagte DKG-Chef Gerald Gaß dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Berliner Virologe Christian Drosten mahnte, das Virus sei "nicht absolut harmlos" geworden. Der Experte der Berliner Charité rechnet nicht mit einem "infektionsfreien Sommer" wie im vergangenen Jahr.
Der Vorstandsvorsitzende der Krankenhausgesellschaft sagte den RND-Zeitungen vom Samstag, hochproblematisch sei die Situation für Kliniken vor allem durch Personalausfälle. "Drei von vier Krankenhäusern müssen Leistungen einschränken, weil Personal ausfällt." Dies liege an "Infektionen, Quarantäne oder Betreuung von positiv getesteten Kindern".
Zuletzt habe sich die Intensivbelegung zwar etwas vom Infektionsgeschehen abgekoppelt - jedoch nicht vollständig, sagte Gaß weiter. In den kommenden Wochen würden die Krankenhäuser deshalb auch auf den Intensivstationen "wieder stärker steigende Patientenzahlen verzeichnen".
Auch Drosten rechnet in der "allernächsten Zeit" mit weiter hohen Infektionszahlen. Auch wenn es wärmer werde, werde das Infektionsgeschehen "nicht komplett stoppen wie im letzten Jahr", sagte Drosten am Freitagabend in der ARD-Sendung "Tagesthemen". "Ich schätze, das schaukelt sich zum Sommer wieder hoch."
Der Virologe riet: "Man muss die Situation eben moderieren und nicht frei laufen lassen." Ein größeres Problem derzeit sei, dass sich viele Ältere verstärkt infizierten - "in dieser Gruppe haben wir schlecht geimpft".
Die Politik müsse wieder "härter durchgreifen", wenn der Winter naht, sagte Drosten in den "Tagesthemen". "Da muss man zwangsläufig wieder gegenregulieren, sonst funktioniert das Gesellschaftsleben nicht mehr", weil zu viele Menschen wegen einer Infektion nicht arbeiten können. Der Virologe empfahl, "zum Herbst hin" vor allem die ältere Bevölkerung nachzuimmunisieren - also erneut zu impfen.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen erreichte am Samstag mit 1758,4 einen neuen Höchststand. Der Wert beziffert die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner im Zeitraum von sieben Tagen. Die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen lag laut Robert-Koch-Institut binnen 24 Stunden bei 252.026. Die Gesamtzahl der registrierten Ansteckungsfälle in Deutschland seit Beginn der Corona-Pandemie erhöhte sich auf rund 20,145 Millionen.
Der Immunforscher Carsten Watzl sagte der "Augsburger Allgemeinen", wer geimpft sei und zusätzlich eine Infektion mit der Omikron-Variante des Coronavirus überstanden habe, könne auf einen deutlich besseren Immunschutz bei künftigen Corona-Wellen hoffen. Da durch die in der Regel für Geimpfte mild verlaufende Infektion im Lungengewebe spezielle Antikörper entstünden, hätten Betroffene sehr gute Chancen, dass künftige Infektionen bereits auf den Schleimhäuten der Atemwege verhindert würden, sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
Das Immunsystem speichere nach einer Impfung die für die Bekämpfung von Virus-Varianten wichtigen Gedächtniszellen vor allem im Knochenmark. "Eine Infektion produziert dagegen die Gedächtniszellen direkt in der Lunge und bietet dort direkt im Organgewebe einen Immunschutz, was die Impfung in den Oberarm nicht so gut schafft", erläuterte Watzl.
Die hohe Dunkelziffer bei Omikron-Infektionen lasse ihn optimistisch auf den Herbst blicken, sagte Watzl der Zeitung weiter. "Wenn Omikron nächsten Winter immer noch die vorherrschende Variante ist, würden wir wahrscheinlich auch ohne Impfpflicht vergleichsweise gut durch die kalte Jahreszeit kommen."
Das pessimistische Szenario wäre eine Virusvariante, die so krank macht wie Delta und so ansteckend sei wie Omikron, sagte Watzl. "Dann hätten wir mit der großen Zahl an nicht geimpften Menschen wieder ein großes Problem."
N.Tartaglione--PV