USA und Nato unterbreiten in Antwort an Russland erneut Dialog-Angebot
Vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Ukraine-Konflikts haben die USA und die Nato am Mittwoch ihre Antworten auf Russlands Forderungen nach Sicherheitsgarantien übergeben. Die von Russland geforderte Zusage, dass die Ukraine kein Nato-Mitglied werde, wiesen die USA darin zurück, wie US-Außenminister Antony Blinken in Washington sagte. Sowohl die US-Regierung als auch die Nato schlugen Moskau einen "diplomatischen Weg" vor, um den Konflikt beizulegen.
US-Botschafter John Sullivan überreichte in Moskau eine schriftliche Antwort der US-Regierung, wie das russische Außenministerium mitteilte. Zeitgleich übergab die Nato dem russischen Botschafter in Belgien "Vorschläge" für eine diplomatische Lösung.
Blinken sagte in Washington, die US-Regierung habe in einem vertraulichen Brief einen "ernsthaften diplomatischen Pfad" abgesteckt, um den Ukraine-Konflikt zu beizulegen. Zugleich habe seine Regierung in dem Schreiben "deutlich gemacht, dass es Grundprinzipien gibt, zu deren Aufrechterhaltung und Verteidigung wir verpflichtet sind", sagte Blinken.
Dazu gehörten die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine und das Recht von Staaten, "ihre eigenen Sicherheitsvereinbarungen und Allianzen" zu wählen. "Wir werden das Prinzip der offenen Tür der Nato aufrecht erhalten", betonte der US-Außenminister.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte in Brüssel, die Allianz reiche Russland "erneut die Hand, um zu versuchen, den Weg des Dialogs fortzusetzen und eine politische Lösung zu finden". Doch "während wir auf eine gute Lösung hoffen und hinarbeiten", sei die Nato "auf das Schlimmste vorbereitet", fügte Stoltenberg hinzu.
Blinken zufolge soll der genaue Inhalt des Briefs an die russische Regierung nicht öffentlich gemacht werden. Er werde in den kommenden Tagen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow über die Haltung der USA sprechen.
In dem mit Kiew und den Verbündeten in Europa abgesprochenen Brief werden auch Rüstungskontrollgespräche mit Russland über in Europa stationierte Raketen und Atomwaffen angeboten.
Wegen des massiven russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine befürchten Kiew und der Westen einen Angriff Russlands. Moskau weist die Vorwürfe zurück und erklärt seinerseits, sich von der Ukraine und der Nato bedroht zu fühlen.
Russland hatte die USA und die Nato im Dezember mit Entwürfen für zwei Abkommen überrumpelt, mit denen es den Einfluss des Westens in Osteuropa zurückdrängen will. Moskau verlangt darin einen Verzicht auf eine fortgesetzte Nato-Osterweiterung und auf US-Militärstützpunkte in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre sowie den Abzug ausländischer Soldaten aus allen Ländern, die bis 1997 nicht Teil des Verteidigungsbündnisses waren.
In Paris berieten am Mittwoch Vertreter aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich in Paris im sogenannten Normandie-Format über Möglichkeiten zur Entschärfung der Lage. Frankreich und Deutschland wollen sich gemeinsam um eine Deeskalation bemühen. "Wir geben den Dialog mit Russland niemals auf", hatte Macron am Dienstag in Berlin gesagt.
US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman mutmaßte unterdessen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin schon in den kommenden Wochen einen Angriff planen könne. "Alles deutet darauf hin, dass er zu einem Zeitpunkt vielleicht zwischen jetzt und Mitte Februar militärische Gewalt anwenden wird", sagte sie.
Tschechien kündigte unterdessen an, der Ukraine 4000 Artilleriegranaten zur Verfügung zu stellen. Verteidigungsministerin Jana Cernochova bezeichnete die Waffenlieferung als "Geste der Solidarität".
Auch die Bundesregierung sieht sich seit Wochen Forderungen nach einer stärkeren Unterstützung der Ukraine gegenüber, lehnt Waffenlieferungen aber ab. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) kündigte am Mittwoch an, der Ukraine 5000 Militärhelme bereitzustellen.
Beim Antrittsbesuch des britischen Verteidigungsministers Ben Wallace in Berlin sagte Lambrecht, beide Länder unterstützten die Ukraine auf "unterschiedlichen Wegen". Das Ziel sei aber dasselbe: "Die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine." Russland sei in dem Konflikt der "Aggressor", betonte sie. "Moskau hat kein Vetorecht bei den freien Entscheidungen seiner Nachbarstaaten."
A.Rispoli--PV