"Hybride" russische Angriffe in Deutschland: EU verhängt Sanktionen
Die Europäische Union hat erstmals Sanktionen wegen "hybrider" russischer Angriffe in Deutschland und anderen Ländern verhängt. Die EU-Außenminister beschlossen am Montag in Brüssel Einreise- und Vermögenssperren gegen 19 Einzelpersonen sowie Organisationen. Von ihnen sollen mindestens fünf direkt oder indirekt an Spionage oder Desinformations-Aktivitäten gegen die Bundesrepublik beteiligt gewesen sein. Zusätzliche Strafmaßnahmen treffen zudem Akteure in China, Nordkorea und dem Iran, die Russland mutmaßlich im Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützen.
Neu auf der EU-Sanktionsliste steht unter anderem der frühere Mitarbeiter des AfD-Bundestagsabgeordneten Eugen Schmidt, Wladimir Sergijenko. Dieser habe sich an Aktivitäten Russlands beteiligt, "die die Demokratie, den Rechtsstaat und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland untergraben", heißt es in der Liste, die im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte den Deutsch-Russen Sergijenko im Juli für ausgebürgert erklärt. Der Grund waren Erkenntnisse des Verfassungsschutzes über dessen wahrscheinliche ionageaktivitäten.
Sergijenko wird wie weitere mutmaßliche Verantwortliche mit einem EU-Einreiseverbot belegt, sein mögliches Vermögen in der EU eingefroren.
Die Europäische Union hatte den Sanktionsrahmen für "hybride" Angriffe erst kürzlich neu geschaffen. Die EU und die Nato beschuldigen den Kreml, hinter einer Reihe von Sabotageakten, Brandstiftungen oder sogar Mordversuchen zu stecken, um den Westen zu destabilisieren und von der weiteren Unterstützung der Ukraine abzuhalten.
Betroffen von den jetzt verhängten Strafmaßnahmen sind auch der russische Unternehmer Wisa Nochajewitsch Misajew und seine Frau. Der Geschäftsmann soll sich an einem russischen Geheimdiensteinsatz gegen den Bundesnachrichtendienst (BND) beteiligt haben, seine Frau soll dies als Geschäftspartnerin unterstützt haben.
Sanktioniert werden zudem zwei Verantwortliche für sogenannte Doppelgänger-Angriffe. Dafür stellten Russen gefälschte Nachrichten-Websites mit Falschnachrichten ins Netz. Sie ähnelten unter anderem Portalen der "Süddeutschen Zeitung" und der französischen Zeitung "Le Monde".
Darüber hinaus beschlossen die EU-Außenminister neue Sanktionen gegen mutmaßliche Unterstützer Russlands in China, Nordkorea, im Iran und in Belarus. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte, die Maßnahmen sollten "die russische Kriegsmaschinerie schwächen" und alle, "die diesen Krieg ermöglichen". Sie zählen zu dem 15. Sanktionspaket seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022.
Zum ersten Mal verhängte die EU umfassende Sanktionen gegen sechs chinesische Firmen und einen mutmaßlichen Verantwortlichen, die "Drohnenkomponenten und mikroelektronische Bauteile zur Unterstützung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine liefern". Die Folge sind Vermögens- und Einreisesperren, zudem wird europäischen Unternehmen der Handel mit diesen Firmen untersagt.
Insgesamt setzte die EU 84 weitere Einzelpersonen, Firmen und Organisationen auf ihre Sanktionsliste. Sie umfassen den Angaben zufolge auch zwei hochrangige Vertreter Nordkoreas. Nordkorea hat nach Angaben der USA und Südkoreas rund 10.000 Soldaten nach Russland entsandt. Sie kämpfen Angaben aus Kiew zufolge an der Seite der russischen Truppen in der russischen Grenzregion Kursk gegen die ukrainische Armee.
Die Strafmaßnahmen richten sich daneben gegen die sogenannte russische Schattenflotte. Damit sind Tanker unter fremder Flagge gemeint, mit denen Russland das vor zwei Jahren verhängte Öl-Embargo umgeht. Die EU belegte 52 Schiffe mit einem Anlegeverbot in europäischen Häfen.
Daneben berieten die Außenminister auch über Konsequenzen nach dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte in Georgien gegen die pro-europäischen Demonstrationen. Ungarn und die Slowakei verhinderten jedoch mit ihrem Veto Sanktionen gegen den georgischen Innenminister sowie zwei hochrangige Polizeivertreter.
Österreich zeigte sich ebenfalls zurückhaltend. Außenminister Alexander Schallenberg mahnte, Sanktionen bedeuteten immer ein "Ende des Dialogs und der Diplomatie". Er verwies auf die Mehrheit der georgischen Menschen, die laut Umfragen einen EU-Beitritt befürwortet.
Stattdessen einigten sich die EU-Länder auf einen eher symbolischen Schritt: Georgische Diplomaten benötigen laut Diplomaten künftig ein Visum zur Einreise in die EU. Allerdings gilt dies nur für ihren Diplomatenpass. Mit ihrem normalen georgischen Pass können sie weiterhin visumfrei einreisen.
H.Lagomarsino--PV