Frankreichs Premierminister Bayrou will Bürgermeister bleiben und löst Kritik aus
Frankreichs Premierminister François Bayrou ist in die Kritik geraten, weil er trotz seines neuen Postens an der Regierungsspitze weiter Bürgermeister der Pyrenäenstadt Pau bleiben möchte. "Ich hätte es besser gefunden, wenn der Premierminister nach Mamoudzou geflogen wäre anstatt nach Pau", sagte Parlamentspräsidentin Yaël Braun-Pivet mit Blick auf die Hauptstadt des sturmgeschädigten französischen Überseegebiets Mayotte am Dienstag dem Sender France Info.
Bayrou hatte am Vorabend persönlich an einer Sitzung des Stadtrats in Pau teilgenommen und sich deswegen nur per Video zu einer Krisensitzung mit Präsident Emmanuel Macron zur Lage in Mayotte zugeschaltet. Der am Freitag zum Premierminister ernannte Zentrumspolitiker ist seit zehn Jahren Bürgermeister in seiner Heimatstadt am Fuß der Pyrenäen und will dies auch bleiben.
"Was machen Sie hier eigentlich, Herr Bayrou?", fragte ein grünes Mitglied des Stadtrates. "Es ist ein politischer Fehler, Sie hätten besser nach Mayotte reisen sollen", fügte er hinzu. Die Entscheidung, ungeachtet der Notlage in dem Überseegebiet lieber nach Pau zu fliegen, sei "unwürdig und respektlos", urteilte der sozialistische Abgeordnete Arthur Delaporte. "Wir haben einen Premierminister, der mehr von Pau spricht als von Frankreich", kritisierte die Grünen-Fraktionschefin Cyrielle Chatelain.
Bayrou verteidigte seine Präsenz in Pau und forderte zudem ein Ende des seit 2014 geltenden Verbots der Ämterhäufung. "Ich denke, es war ein Fehler", sagte er mit Blick auf das Gesetz, das es Abgeordneten untersagt, gleichzeitig Bürgermeister zu sein. "Unsere Verwaltung leidet unter einer Entwurzelung", erklärte er. Die Politiker hätten in Paris den Kontakt zur Gesellschaft verloren.
Das Gesetz betrifft nicht das Amt des Premierministers, allerdings hatten Bayrous jüngste Vorgänger ihre Bürgermeisterämter in der Regel ruhen lassen. Früher war diese Art der Ämterhäufung in Frankreich durchaus üblich. So war Jacques Chirac gleichzeitig Premierminister und Bürgermeister von Paris.
Bayrou war am Dienstagmorgen nach Paris zurückgeflogen, um sich mit den Fraktionschefs der Grünen und weiterer Parteien zu treffen. Am Nachmittag wollte er Präsident Emmanuel Macron einen ersten Entwurf für eine neue Regierungsmannschaft vorstellen. Anschließend wurde er in der Nationalversammlung erwartet, um Fragen der Abgeordneten zu beantworten.
Da die Regierungsmitglieder nur noch geschäftsführend im Amt ist, ist Bayrou der einzige, der in der Nationalversammlung Rechenschaft ablegen darf. Der Premierminister kündigte seine Regierungserklärung für den 14. Januar an.
Anders als sein Vorgänger Michel Barnier hatte Bayrou auch die Rechtspopulisten zu einem Gespräch empfangen, um einen Minimalkonsens für die künftige Regierung zu verhandeln. Die linkspopulistische Fraktion schlug die Gesprächseinladung aus und droht mit einem Misstrauensantrag.
Bayrou will erreichen, dass seine künftige Regierung zumindest den Haushalt für 2025 verabschieden kann, ohne über ein Misstrauensvotum zu stürzen. Der Chef der mit Macron verbündeten Zentrumspartei Modem ist bereits der vierte Regierungschef in diesem Jahr.
E.Magrini--PV