Waffenruhe im Gazastreifen tritt Sonntagfrüh in Kraft
Erstmals seit November 2023 soll es im Gaza-Krieg zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas ab Sonntag wieder eine Waffenruhe geben. Die Feuerpause trete um 07.30 Uhr MEZ in Kraft, teilte das Außenministerium des Vermittlers Katar mit. In der Nacht auf Samstag hatte die israelische Regierung dem Abkommen zugestimmt. In der ersten Phase soll die Hamas 33 Geiseln freilassen, im Gegenzug sollen nach israelischen Angaben 737 palästinensische Häftlinge freikommen.
"Wie von den Parteien des Abkommens und den Vermittlern koordiniert, beginnt die Waffenruhe im Gazastreifen am Sonntag, dem 19. Januar, um 08.30 Uhr Ortszeit (07.30 Uhr MEZ)", erklärte der katarische Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari im Onlinedienst X. Er forderte die Anwohner auf, "äußerste Vorsicht walten zu lassen und auf Anweisungen von offiziellen Quellen zu warten".
Nach dem grünen Licht des israelischen Sicherheitskabinetts für das Abkommen hatte auch die gesamte israelische Regierung der Einigung zugestimmt, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mitteilte. Die Einigung auf die sechswöchige Waffenruhe nach 15 Monaten Krieg war am Mittwochabend verkündet worden. Im November 2023 hatte es eine einwöchige Waffenruhe gegeben.
Für den Fall einer Billigung des Abkommens durch die Regierung hatte der rechtsextreme Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir seinen Rücktritt angekündigt. Auch der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich hatte sich entschieden gegen das Waffenruhe-Abkommen gewandt. Beide gehörten zu insgesamt acht Ministern, die gegen das Abkommen stimmten.
Im Gegenzug für die Freilassung von 33 Geiseln genehmigte die Regierung die Freilassung von 737 Insassen, "die sich im Gewahrsam des Gefängnisdienstes befinden", erklärte das israelische Justizministerium. Die Freilassung beginne nicht vor Sonntag 16.00 Uhr (Ortszeit, 15.00 Uhr MEZ).
Die israelischen Behörden gehen davon aus, dass die 33 Geiseln am Leben sind, eine Bestätigung der Hamas stand allerdings noch aus. Aus dem Hamas-Umfeld hieß es, als Erstes sollten drei israelische Frauen freigelassen werden. Das Rote Kreuz werde die ersten Geiseln am Sonntag gemeinsam mit ägyptischen und katarischen Teams in Empfang nehmen. Sie würden dann nach Ägypten gebracht und dort der israelischen Seite übergeben.
Ein israelischer Militärbeamter erklärte, dass in Kerem Schalom, Eres und Reim Aufnahmestellen eingerichtet worden seien, wo die freigekommenen Geiseln von Ärzten und Psychiatern betreut werden sollten, bevor sie per Hubschrauber oder per Fahrzeug in israelische Krankenhäuser gebracht würden.
Nachdem die ersten freigelassenen Geiseln nach Israel heimgekehrt seien, werde die "Freilassung der ersten Gruppe palästinensischer Häftlinge, darunter mehrere mit hohen Strafen, erwartet", hieß es weiter.
Das israelische Justizministerium hatte zuvor eine Liste von 95 palästinensischen Häftlingen veröffentlicht, die freigelassen werden sollten, die Mehrheit von ihnen Frauen. Unter den Namen ist auch der von Sakaria Subeidi, ehemaliger Anführer der Al-Aksa-Brigaden, dem militanten Arm der Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Abbas erklärte unterdessen , die Palästinensische Autonomiebehörde habe "alle Vorbereitungen getroffen, um die volle Verantwortung für den Gazastreifen zu übernehmen". Dazu gehörten die Rückkehr der Vertriebenen, die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, die Verwaltung der Grenzübergänge und der Wiederaufbau des vom Krieg zerstörten Gebiets.
Israel setzte seine Angriffe im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben auch am Samstag fort. Wie der Zivilschutz mitteilte, starben dabei in Chan Junis mindestens fünf Angehörige einer Familie in einem Zelt.
Aus dem Jemen wurde eine Rakete auf Israel abgefeuert. Sirenen wurden im Zentrum des Landes und in Jerusalem ausgelöst, wenig später teilten die israelischen Streitkräfte mit, das Geschoss sei abgefangen worden. Die jemenitische Huthi-Miliz bekannte sich zu dem Angriff. Die vom Iran unterstützte Miliz feuert immer wieder Raketen auf Israel ab.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Gruppen auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge 1210 Menschen getötet, 251 Geiseln wurden in den Gazastreifen verschleppt.
94 der Geiseln sollen sich nach wie vor dort befinden, 34 von ihnen sind laut der israelischen Armee bereits tot. Unter den noch festgehaltenen Geiseln befindet sich auch eine niedrige zweistellige Zahl von Menschen mit Deutschland-Bezug, wie es aus dem Auswärtigen Amt hieß.
Israel ging seit dem Hamas-Überfall massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde, die nicht unabhängig überprüft werden können, bis Samstag 46.899 Menschen getötet.
E.Magrini--PV