Röttgen warnt Baerbock vor Moskau-Reise vor Zugeständnissen an Russland
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat vor der Moskau-Reise von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) angesichts des Ukraine-Konflikts vor voreiligen Zugeständnissen an die russische Seite gewarnt. Er rate "allen politischen Akteuren dringend davon ab, in dieser kritischen Phase Abschreckungspotenzial gegenüber Russland vom Tisch zu nehmen", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Dienstagsausgaben). "Nur wenn Putin mit für ihn unkalkulierbaren Folgen rechnen muss, kann der Westen ihn vielleicht von gewaltsamen Aktionen abhalten."
Allen müsse klar sein, dass die Ukraine nur "ein Anwendungsfall" für das Bestreben des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei, die europäische Ordnung notfalls auch militärisch zu revidieren. Röttgen betonte, darum komme es jetzt auf Stärke an. "Auch Deutschland muss sich als ein Teil europäischer Stärke zusammen mit den USA verstehen", sagte er dem RND. "Jede Form von deutschen Sonderwegen ist das Gegenteil von Stärke."
So müsse Baerbock auch gegen Widerstände im eigenen Land klarmachen, dass eine stabile Friedensordnung in Europa, zu der die Sicherheit und Souveränität der Ukraine gehöre, die wichtigste Voraussetzung für eigene Interessen sei, deutsche Wirtschaftsinteressen eingeschlossen. Deshalb sei es ein "wichtiges Zeichen der Solidarität mit der Ukraine", dass Baerbock am Montag zuerst nach Kiew reiste, bevor sie sich am Dienstag zu Gesprächen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow trifft.
Der FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sagte dem RND: "In Moskau muss die Ministerin der russischen Seite die Geschlossenheit des Westens deutlich machen." Wenn Russland versuchen sollte, den Westen zu spalten, dann hätte es das Gegenteil erreicht.
Der Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky (Grüne) erklärte dem RND gegenüber, Baerbocks Besuch in Moskau werde "für die kommenden Monate und Jahre Weichen stellen". Die Außenministerin werde "hoffentlich Dialogbereitschaft signalisieren, zugleich aber einen Paradigmenwechsel". Mit den Grünen und der FDP "stehen zwei von drei Koalitionsparteien für eine klare Position, was russische Außenpolitik und die Unterstützung der Zivilgesellschaft in Russland angeht."
Es sei ferner sinnvoll, wenn Baerbock der russischen Seite signalisiere, "dass es hier um keine verbohrten Feindschaften geht, sondern um ein nachbarschaftliches Verhältnis mit Höhen und Tiefen", betonte der in der Sowjetunion geborene Grünen-Politiker.
Baerbock will bei ihrem Treffen mit Lawrow am Dienstag darum werben, dass sich Russland weiter an Bemühungen zur Beilegung der Krise in der Ostukraine beteiligt. In der vergangenen Woche hatte es eine Reihe von internationalen Gesprächen gegeben, die jedoch ohne Durchbruch blieben. Am Montag hatte sich Baerbock bereits mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba getroffen.
Der Westen befürchtet angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine, dass Russland einen Einmarsch in das Nachbarland vorbereitet. Der Kreml weist dies kategorisch zurück.
C.Grillo--PV