Medaille ganz nah: DFB-Frauen nach Elfmeter-Krimi im Halbfinale
Der Traum lebt, Paris ist ganz nah: Die deutschen Fußballerinnen haben bei den Olympischen Spielen im Elfmeterkrimi die Nerven bewahrt und greifen nun nach den Medaillen. Das Team des scheidenden Trainers Horst Hrubesch bezwang im Viertelfinale von Marseille Kanada mit 4:2 im Showdown vom Punkt, die 120 Minuten zuvor waren gegen den Gold-Gewinner von Tokio torlos geblieben. Im Halbfinale am Dienstag (18.00 Uhr/ARD und Eurosport) gibt es nach dem 1:4 in der Vorrunde die Chance auf eine Revanche gegen den Rekord-Olympiasieger USA.
Ann-Katrin Berger avancierte zur deutschen Heldin, sie hielt auf den Tag genau ein Jahr nach dem blamablen WM-Vorrundenaus gegen Südkorea die Elfmeter gegen Ashley Lawrence und Adriana Leon und verwandelte dann selbst. Nur einmal blieben die DFB-Frauen bei Olympia bislang ohne Medaille, bei den bisherigen fünf Teilnahmen gab es einmal Gold sowie dreimal Bronze. Mit dem Einzug ins Finale von Paris würde sich die Mannschaft auch noch den Traum von ein paar Nächten im Olympischen Dorf erfüllen.
Kanada hatte in der Vorrunde eine bemerkenswerte Geschichte geschrieben. Der Olympiasieger von Tokio wirkte nach dem Drohnenspionage-Skandal und einem Sechs-Punkte-Abzug überhaupt nicht gehemmt, gewann nach der Suspendierung von Cheftrainerin Bev Priestman alle drei Gruppenspiele - und rettete sich als Zweiter ins Achtelfinale. Umso wichtiger aus deutscher Sicht, dass im "50:50-Spiel" (Hrubesch) Top-Angreiferin Lea Schüller sowie die Innenverteidigerinnen Marina Hegering und Kathrin Hendrich auflaufen konnten.
Die deutschen Frauen erwischten den besseren Start, schüttelten bei 33 Grad im Stade Velodrome deutlich schneller ihre Nervosität ab. Nach perfektem Chip-Pass von Janina Minge tauchte Schüller allein vor dem Tor auf, der Abschluss misslang aber völlig (11.). Die DFB-Elf kombinierte immer wieder gefällig, war klar überlegen. Klara Bühl scheiterte nach einem Traumpass von Jule Brand an einer starken Fußabwehr von Kailen Sheridan (18.).
Den von Interimscoach Andy Spence betreuten Kanadierinnen gelang vor der Pause nahezu nichts nach vorne, im letzten Drittel reihte sich Fehlpass an Fehlpass. Da auch Deutschland mit zunehmender Spieldauer die Ideen fehlten, plätscherte die Partie nun hauptsächlich im Mittelfeld vor sich hin.
Auch nach dem Wechsel blieb die Hrubesch-Elf zunächst das deutlich aktivere Team, ließ aber die Klarheit beim letzten Pass vermissen. Viele aussichtsreiche Angriffe wurden nicht zu Ende gespielt. Kanada wachte erst nach rund 60 Minuten auf, investierte plötzlich mehr in die Offensive. Cloe Lacasse zwang die zuletzt in der Kritik stehende Ann-Katrin Berger zu einer ersten Parade (70.), dann rettete die Torhüterin im Eins-gegen-Eins gegen Adriana Leon stark mit dem Fuß (71.).
Die deutsche Elf wirkte nun komplett platt, kam kaum noch aus der eigenen Hälfte heraus. Janine Beckie fehlten Zentimeter zum Lucky Punch kurz vor der Verlängerung (90.+5) - und in dieser erwachte das deutsche Team wieder, Sydney Lohmann traf die Latte (113.). Die Entscheidung fiel aber erst vom Punkt.
H.Lagomarsino--PV