EU-Staaten einigen sich auf klimaneutrale Neuwagen ab 2035
In der EU sollen ab dem Jahr 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden. Die Umweltministerinnen und Umweltminister der 27 EU-Staaten einigten sich in Luxemburg auf ein Aus für Autos mit Benzin- und Dieselantrieb - die Zukunft soll damit vor allem Elektroautos gehören. Die Vereinbarung lässt auf Drängen Deutschlands aber die Möglichkeit offen, dass mit sogenannten E-Fuels betriebene Neuwagen mit Verbrennern auch nach 2035 zugelassen werden können. Umweltverbände reagierten empört auf diesen Kompromiss.
Europa habe "die Weichen für mehr Klimaschutz im Verkehr gestellt", erklärte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) im Anschluss an die langwierigen Beratungen in Luxemburg in der Nacht zum Mittwoch. "Die EU-Mitgliedstaaten haben mit überdeutlicher Mehrheit dafür gestimmt, dass ab 2035 nur noch Autos und leichte Nutzfahrzeuge zugelassen werden, die kein CO2 ausstoßen." Die Autoindustrie erhalte so Planungssicherheit.
Zuvor hatte es in der Berliner Ampel-Koalition Streit über das angestrebte Aus für Verbrennungsmotoren gegeben. Grüne und SPD waren für das Verbot von Neuzulassungen für Verbrennungsmotoren ab 2035, die FDP pochte darauf, dass Technologien wie E-Fuels nicht ausgeschlossen werden dürften.
Nach einem Kompromiss in letzter Minute in der Koalition schlug Lemke in Luxemburg vor, die EU-Kommission solle einen Vorschlag "für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 vorlegen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden" und "außerhalb des Bereichs der Flottenstandards" sind. Gemeint sind Fahrzeuge, die mit synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels) betrieben werden.
E-Fuels werden unter Einsatz von Strom meist aus Wasser und CO2 hergestellt. Ob dies umweltfreundlich ist, hängt davon ab, woher der Strom stammt und mit welchem Aufwand die Treibstoffe zur Verfügung gestellt werden können. Im EU-Parlament, das sich Anfang Juni auf ein Aus für den Verbrennungsmotor ab 2035 geeinigt hatte, war eine größere Bedeutung für synthetische Kraftstoffe abgelehnt worden.
EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans zeigte sich denn auch skeptisch: "Derzeit erscheinen E-Treibstoffe nicht wie eine realistische Lösung. Wenn die Hersteller in der Zukunft aber das Gegenteil beweisen können, werden wir offen sein."
Greenpeace sprach zwar von einem "wichtigen Signal", dass die EU klimaschädlichen Verbrennern "ein klares Enddatum setzt". Dieses Verbot komme jedoch zum Erreichen der Klimaziele "viel zu spät". E-Fuels seien dabei eine "Scheinlösung" - sie seien ineffizient und teuer.
So äußerte sich auch der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD), der zudem darauf verwies, dass E-Fuels "auf absehbare Zeit nicht in ausreichenden Mengen verfügbar" seien. Sie müssten dort eingesetzt werden, wo keine direkte Elektrifizierung möglich sei, nämlich in der Industrie, im Flug- und Schiffsverkehr, "nicht beim Pkw". Das Ganze sei durch die "Hintertür für Verbrenner" ein Ausstieg light.
Kritik kam auch vom Automobilverband VDA - allerdings daran, dass es bei E-Fuels "nur für eine Absichtserklärung gereicht zu haben" scheine. Ohne solche Kraftstoffe seien die Klimaziele im Verkehrssektor aber nicht erreichbar. Zudem fehle es an Voraussetzungen für einen Erfolg der E-Mobilität inklusive der nötigen Ladeinfrastruktur.
Der europäische Herstellerverband Acea verwies ebenfalls darauf, dass ein europaweites Ladenetz nötig sei. Außerdem benötige die Automobilindustrie Zugang zu den nötigen Rohstoffen für die E-Mobilität - hier liefere die EU "keine Antworten".
Der Industrieverband BDI sprach von einer "hochproblematischen Entscheidung" in Luxemburg. Der Kompromiss suggeriere Technologieoffenheit, bedeute aber "de facto das Aus für den Verbrennungsmotor, weil weiterhin nur elektrische Antriebe bei der Flottenregulierung angerechnet werden dürfen". Das hemme den Markthochlauf von E-Fuels und es sei "unsinnig, die Potenziale von synthetischen Kraftstoffen von vornherein auszubremsen".
Nach der Einigung der EU-Umweltminister müssen EU-Parlament und Mitgliedstaaten noch über Details verhandeln. Die Regelungen für Neuwagen sind Teil eines umfassenden Klimaschutzpakets, mit dem die EU bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 55 Prozent reduzieren will.
F.Abruzzese--PV