Pallade Veneta - IPCC-Bericht: Zeit im Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je

IPCC-Bericht: Zeit im Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je


IPCC-Bericht: Zeit im Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je
IPCC-Bericht: Zeit im Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je / Foto: SANJAY KANOJIA - AFP/Archiv

Der Kampf gegen die Erderwärmung drängt mehr denn je - doch die Menschheit kann noch umsteuern und damit zugleich die Wirtschaft ankurbeln und Gesundheitsschäden verringern. Das ist die Botschaft des neuen Berichts des Weltklimarats IPCC, der am Montag im schweizerischen Interlaken vorgestellt wurde. Das UN-Gremium rechnet demnach damit, dass die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1,5-Grad-Grenze für die Erderwärmung bereits im Zeitraum 2030 bis 2035 erreicht wird.

Textgröße ändern:

"Effektive und gerechte Klimamaßnahmen zu etablieren, wird nicht nur die Verluste und Schäden für Natur und Menschen verringern, es wird auch weiterreichende Vorteile bringen", erklärte der IPCC-Vorsitzende Hoesung Lee. Der neue Sachstandsbericht seines Gremiums zeige, dass "wenn wir jetzt handeln, wir immer noch eine lebenswerte nachhaltige Zukunft für alle sicherstellen können".

Um einen Klimawandel mit katastrophalen Folgen abzuwenden, hatte die Weltgemeinschaft 2015 im Pariser Klimaabkommen vereinbart, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Durch den Treibhausgas-Ausstoß der Menschheit, insbesondere durch die Nutzung fossiler Energieträger wie Erdöl und Erdgas, hat sich die Erde bereits um rund 1,1 Grad erwärmt. Und die Chancen, die 1,5-Grad-Grenze einzuhalten, stehen angesichts weiterhin zunehmender Treibhausgasemissionen schlecht.

Die Auswertungen der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse ergab nach Angaben der Autoren, dass die Auswirkungen des Klimawandels noch größer sind als im vorherigen Sachstandsbericht aus dem Jahr 2014 angenommen. Dies zeige sich an "häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen" wie Hitzewellen und Stürmen. Laut IPCC werden die derzeit heißesten Jahre künftig zu den kühlsten innerhalb einer Generation zählen.

In seinem nun vorgelegten Synthesebericht erklärt der Weltklimarat, fast alle Szenarien für den kurzfristigen Treibhausgasstoß der Menschheit sagten voraus, dass die 1,5-Grad-Grenze schon im Zeitraum 2030 bis 2035 erreicht werde. Durch eine "tiefgreifende, schnelle und anhaltende Verringerung der Emissionen" könne die internationale Gemeinschaft aber "eine sichtbare Verlangsamung der Erderwärmung" erreichen.

Ein solches umfassendes Umsteuern sei im eigenen Interesse der Menschheit. "Der wirtschaftliche und soziale Nutzen einer Begrenzung des Klimawandels auf zwei Grad übersteigt die Kosten der dafür umzusetzenden Maßnahmen", heißt es in dem IPCC-Bericht. So schaffe die Umstellung auf klimafreundliche Energien und Verkehrsmittel nicht nur Arbeitsplätze, sondern verringere auch die Luftverschmutzung und dadurch verursachte Leiden. Und der wirtschaftliche Nutzen hieraus sei mindestens in etwa so groß wie die Kosten der Maßnahmen zur Emissionsminderung.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte, der IPCC-Bericht mache "mit brutaler Klarheit deutlich, dass wir an dem Ast sägen, auf dem wir als Weltgemeinschaft sitzen". Es sei aber "weiterhin möglich, die 1,5 Grad in Reichweite zu halten, wenn wir in den nächsten sieben Jahren die globalen Emissionen halbieren". Die Bundesregierung setze sich "für eine ambitionierte globale Klimapolitik ein".

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisierten die Klimapolitik der Bundesregierung als unzureichend. Der IPCC-Bericht warne "vor einem sich rapide schließenden Zeitfenster", erklärte Christoph Bals von Germanwatch. Dies bedeute, dass die Bundesregierung "keine weitere Zeit verlieren" dürfe und den klimafreundlichen "Umbau des Verkehrs- und Gebäudesystems" bewerkstelligen müsse.

Der IPCC-Bericht sei "Auftrag zum unverzüglichen Handeln", erklärte die Entwicklungsorganisation Brot für die Welt. Insbesondere "die ärmsten Bevölkerungsgruppen im Globalen Süden, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben", bräuchten Unterstützung.

Der sogenannte Synthesebericht fasst die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Ursachen und Folgen der Erderwärmung zusammen und gibt Regierungen und anderen politischen Entscheidungsträgern Handlungsempfehlungen. Außer den drei Teilen des Sechsten IPCC-Sachstandsberichts, die der Weltklimarat seit August 2021 veröffentlicht hat, sind in den Synthesebericht auch weitere IPCC-Erkenntnisse aus früheren IPCC-Sonderberichten eingeflossen.

H.Lagomarsino--PV

Empfohlen

Klimagruppe Letzte Generation ändert ihren Namen und kündigt Neuausrichtung an

Die Klimaschutzgruppe Letzte Generation will sich umbenennen und neu ausrichten. "Wir lassen den Namen hinter uns. Wir sind nicht mehr die Letzte Generation", sagte die Sprecherin der Gruppe, Carla Hinrichs, am Mittwoch dem "Spiegel". Die Gruppe werde sich nicht auflösen, auch Proteste werde es noch geben. Aber aus den Strukturen der Letzten Generation werde etwas Neues entstehen, sagte Hinrichs weiter.

Studie: Rückgang von Meereis führt zu Zunahme von Stürmen im Südpolarmeer

Der rekordverdächtige Schwund des antarktischen Meereises hat Forschern zufolge 2023 zu einer Zunahme der Häufigkeit von Stürmen über dem Südpolarmeer geführt. Laut einer am Mittwoch in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie kam es in Regionen, in denen das Eis zurückging, in den dortigen Wintermonaten Juni und Juli im Vergleich zu einem Zeitraum zwischen 1990 und 2015 an bis zu sieben zusätzlichen Tagen im Monat zu Stürmen. Gleichzeitig wurde ein steigender Wärmeverlust der Ozeane verzeichnet.

Zugspitze mit längster frostfreier Phase seit Beginn von Wetteraufzeichnungen

Auf der Zugspitze hat es in diesem Jahr die längste frostfreie Phase seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gegeben. Auf Deutschlands höchstem Berg sanken die Temperaturen zwischen dem 5. Juli und dem 8. September 66 Tage hintereinander nicht unter null Grad Celsius, wie der Deutsche Wetterdienst am Mittwoch im hessischen Offenbach mitteilte. Auch auf dem in Österreich gelegenen Sonnblick mit ähnlicher Höhe sei erstmals solch eine lange Phase ohne Frost gemessen worden.

UN-Bericht zeigt komplexe Zusammenhänge globaler Krisen auf

Biodiversität, Klima, Gesundheit: Unsere Konsumgewohnheiten wirken sich Experten zufolge auf die verschiedenen Krisen weltweit aus und führen zur Zerstörung wichtiger Ökosysteme. Laut einem am Dienstag veröffentlichten Bericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) tragen der übermäßige Konsum und eine nicht-nachhaltige Landwirtschaft nicht zur Erhöhung der Treibhausgasemissionen, sondern auch zur Verschmutzung der Umwelt und einem Verlust der Artenvielfalt bei. Alle Krisen, die den Planeten bedrohen, "hängen zusammen", lautet das Fazit der 165 UN-Experten. Allerdings kann die Bekämpfung einer Krise auch zur Verschlimmerung einer anderen führen.

Textgröße ändern: