Bundesregierung will ausländische Fachkräfte anwerben und Zuwanderung erleichtern
Die Bundesregierung will ausländische Fachkräfte gezielt anwerben und die Schwellen für deren Zuwanderung senken. "Wir werden Fachkräfte anwerben müssen. Wir müssen Einwanderung wollen", sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Mittwoch in Berlin. Sein Ministerium ist federführend an der Erarbeitung eines neuen Fachkräftezuwanderungsgesetzes beteiligt, auf dessen Eckpunkte die Bundesregierung sich nun einigte.
Der Fachkräftemangel in Deutschland sei für die Wirtschaft ein massives Problem, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Dies sei zwar nicht "überraschend", sondern seit Jahren bekannt. "Aber es wurde nichts unternommen." Die Bundesregierung gehe dies nun an, "wir werden die Schwellen für Zuwanderung senken", ergänzte der Vizekanzler.
Das nun verabschiedete Eckpunktepapier sieht unter anderem vor, dass es aus Drittstaaten stammenden Jobsuchenden "mit gutem Potenzial" ermöglicht werden soll, sich zur Suche eines Arbeitsplatzes in Deutschland aufzuhalten. Dafür soll nach dem Vorbild des kanadischen Punktesystems eine "Chancenkarte" eingeführt werden.
Als weitere Säule des neuen Konzepts soll denjenigen Drittstaatsangehörigen die Einwanderung ermöglicht werden, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen in ihrem Herkunftsland staatlich anerkannten mindestens zweijährigen Berufsabschluss erworben haben. Für diese Gruppe soll dann in nicht reglementierten Berufen künftig darauf verzichtet werden, dass ihr Abschluss in Deutschland formal anerkannt sein muss.
"Die Anerkennung (von Berufsabschlüssen) wird weiter eine wichtige Rolle spielen, aber sie muss einfacher werden", sagte Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Helfen soll hier demnach auch die Digitalisierung, etwa mit der Möglichkeit der digitalen Antragstellung.
Die Blaue Karte der EU für ausländische Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen soll den Vorschlägen zufolge häufiger vergeben werden. Die Karte bietet verbesserte Bedingungen für Familiennachzug, unbefristeten Aufenthalt und Jobwechsel. Die Bundesregierung will außerdem die Bildungsmigration stärken und es für Menschen aus dem Ausland interessanter machen, für Studium und Ausbildung nach Deutschland zu kommen.
"Mit vereinten Kräften wollen wir darum werben, dass Menschen zu uns kommen wollen, um hier zu leben und zu arbeiten", erklärte die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Staatsministerin Reem Alabali-Radovan (SPD). "Wir wollen Familien schon vor der Ausreise eine Perspektive in unserem Land aufzeigen - mit Bildungs- und Ausbildungschancen."
Wirtschaftsvertreter begrüßten die Vorschläge. "Aus Sicht der Unternehmen schlägt die Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes den richtigen Weg ein", sagte DIHK-Vize-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Das vorgelegt Papier sei "gut, aber nicht gut genug", erklärte wiederum das Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft. "Insgesamt reicht es nicht, den Zugang zu erleichtern. Vielmehr müssen begehrte Fachkräfte gezielt angeworben werden."
Oppositionspolitiker kritisierten, dass sich die Bundesregierung mehr auf die Nachqualifizierung von Arbeitslosen konzentrieren solle. Die Politik müsse dafür sorgen, "dass die so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden", sagte etwa CDU-Chef Friedrich Merz im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir haben auf der anderen Seite aktuell auch rund eine Million arbeitslose Ausländer in unserem Land", betonte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv.
Ähnlich äußerte sich auch die Linke. Es gehe immer nur darum, "wie den Unternehmen möglichst billig und unkompliziert ausgebildete Fachkräfte aus dem Ausland zugeführt werden können", erklärte die Abgeordnete Jessica Tatti.
I.Saccomanno--PV