Lokführer beginnen 64-stündigen Streik - Weselsky droht mit weiterem Ausstand
Drei Tage lang Notfahrplan bei der Deutschen Bahn: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat Mittwoch ihren 64-stündigen Streik begonnen, der bis Freitag um 18.00 Uhr andauern soll. GDL-Chef Weselsky forderte bis dahin ein neues Angebot des Konzerns - anderenfalls "machen wir eine Pause und gehen in den nächsten Arbeitskampf". Die Aufrufe zur Rückkehr an den Verhandlungstisch häuften sich.
Der Ausstand der Lokführer begann um 02.00 Uhr am Mittwoch. Bis Freitagabend gilt ein Notfahrplan der Bahn - er bietet aber laut Konzern "nur ein sehr begrenztes Angebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr".
Bahn-Sprecherin Anja Bröker sagte am Morgen, viele Fahrgäste hätten ihre Fahrt im Fernverkehr vorgezogen oder würden sie zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Tickets behalten ihre Gültigkeit, die Zugbindung ist aufgehoben.
Im Güterverkehr hatte die GDL den Streik bereits Dienstagabend begonnen. Bröker sagte, hier gelte es, "die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten". Das Unternehmen DB Cargo versuche, versorgungsrelevante Züge trotz Streiks an ihr Ziel zu bringen.
Die Bahn hatte gerichtlich versucht, den Streik noch abzuwenden. Doch das Hessische Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main wies am Dienstagabend den Eilantrag des Unternehmens gegen den Streik der GDL in zweiter Instanz ab.
Weselsky begrüßte die Entscheidung. "Wir sind sehr froh darüber, dass wir unsere grundgesetzlich geschützten Rechte weiter ausüben dürfen", sagte er. Der Konzern lasse nichts unversucht, um die Gewerkschaft in die Knie zu zwingen.
Im ZDF-"Morgenmagazin" forderte der Gewerkschaftschef ein "substanzielles Angebot" der Bahn. Die GDL sei beim Thema Arbeitszeit bereit, Kompromisse einzugehen. Die Wochenarbeitszeit könne auch schrittweise sinken. So habe die Arbeitgeberseite Zeit, um auszubilden. Wenn das Unternehmen "das tut, dann können wir auch wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren".
Die GDL hatte die Tarifverhandlungen mit der Bahn Ende November für gescheitert erklärt, weil der Konzern nicht über Kernforderungen wie eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich verhandeln wollte. Nach einem ersten Warnstreik im November leitete die GDL-Führung eine Urabstimmung über härtere Arbeitskampfmaßnahmen ein. Das kurz vor Weihnachten und nach einem zweiten Warnstreik verkündete Ergebnis ergab eine 97-prozentige Zustimmung der Mitglieder für unbefristete Streiks.
Die Bahn hatte Verhandlungen über kürzere Arbeitszeiten unter Verweis auf den Fachkräftemangel zunächst strikt abgelehnt. Vergangene Woche bot sie dann ein Modell an, mit dem Schichtarbeitende ihre Wochenarbeitszeit reduzieren oder auch aufstocken könnten. Beim Thema Lohnausgleich blieb der Konzern zurückhaltend.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) rief dazu auf, die Verhandlungen fortzusetzen. "Es muss ein Weg gefunden werden, mit dem beide Seiten zurechtkommen. Dazu muss miteinander gesprochen werden", sagte er der "Bild"-Zeitung.
Auch Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) appellierte an beide Seiten, an den Verhandlungstisch zurückzukommen. "Ich bin mir sicher, dass eine Lösung möglich ist", sagte er AFP. "Die Vergangenheit hat gezeigt, dass am Ende immer ein Kompromiss erreichbar war, egal wie verhärtet die Fronten zuvor waren." Der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Christian Jung, forderte "sofort eine Schlichtung". Dies sei in schwierigen Zeiten immer besser als lange Streiks.
H.Ercolani--PV