Bundesregierung verteidigt Agrarkürzungen - Bauern dringen auf Rücknahme
Vor der Bauern-Großdemonstration am Montag in Berlin hat die Bundesregierung die Subventionskürzungen für die Landwirtschaft verteidigt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einem "guten Kompromiss", die Bauernverbände und die Union forderten hingegen eine völlige Rücknahme der Kürzungen. Parallel zu den Protesten wollen die Fraktionsspitzen der Ampel-Koalition am Montag mit Vertretern der Bauernverbände sprechen.
Die Bundesregierung hatte Mitte Dezember angekündigt, die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen und die Subventionierung von Agrardiesel zu streichen. Angesichts massiver Proteste nahm sie das Ende der Kfz-Steuerbefreiung Anfang des Jahres wieder zurück und streckte die Streichung der Agrardiesel-Vergünstigungen in mehreren Schritten bis 2026. Dies reichte den Landwirten aber nicht: Seit vergangenen Montag protestieren sie mit Großkundgebungen und der Blockade von Autobahnauffahrten gegen die Einschnitte.
Der Kanzler blieb jedoch vorerst bei seinem Kurs. Subventionen könnten nicht "auf ewig" bestehen bleiben, sagte Scholz am Samstag in einem Video-Podcast. Seine Regierung habe sich die Argumente der Landwirte "zu Herzen genommen" und deshalb ihren "ersten Vorschlag noch einmal überarbeitet". Dies sei aus seiner Sicht "ein guter Kompromiss".
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betonte, zur Sanierung der Staatsfinanzen müssten "alle ihren Beitrag leisten". Der Agrarsektor erhalte "jährlich Subventionen von gut neun Milliarden Euro aus Brüssel und Berlin", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ) vom Samstag. "Es fallen 2025 jetzt weniger als dreihundert Millionen weg. Wir reden also von rund drei Prozent."
Lindner stellte den Landwirten in der "Rheinischen Post" aber einen verstärkten Abbau von bürokratischen Lasten in Aussicht. Er betonte: "Wir müssen schauen, wie der wirtschaftliche Erfolg durch weniger Regulierung insgesamt verbessert werden kann."
Für weitere Zugeständnisse an die Bauern sprach sich im Kabinett hingegen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) aus. "Es kommt jetzt darauf an, dass wir den Landwirten eine positive Perspektive und Planungssicherheit geben", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er forderte unter anderem "die Tierwohlabgabe, um den Umbau von tiergerechteren Ställe zu finanzieren".
Die Bauernverbände halten währenddessen an ihrer Forderung nach einer kompletten Rücknahme der Subventionskürzungen fest. Am Montag soll deshalb in Berlin erneut eine Großkundgebung stattfinden, zu der tausende Landwirte erwartet werden.
"Faule Kompromisse beim Agrardiesel werden wir nicht akzeptieren", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der "Rheinischen Post". Die Ampelkoalition habe dies immer noch nicht verstanden. "Auch gutgemeinte Vorschläge zum Bürokratieabbau helfen nicht", befand er über die Vorschläge des Finanzministers.
Unterstützt werden die Bauern von der Union. Sowohl Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als auch Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) forderten eine vollständige Rücknahme der Subventionskürzungen. Söder nannte diese im Deutschlandfunk einen "einseitigen, dauerhaften Angriff auf die Landwirtschaft".
Spahn pocht auf die Rücknahme noch vor einem Gespräch der Fraktionsspitzen der Ampel-Koalition mit dem Bauernverband am Montag. "Dieses deutliche Signal der Ampel" brauche es, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Der CDU-Politiker forderte weiter einen "parteiübergreifend vereinbarten Landwirtschaftsfrieden".
"Einen offenen Dialog auf Augenhöhe" sicherte unterdessen SPD-Chef Lars Klingbeil den Bauern vor dem Spitzengespräch am Montag zu. Denn die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland solle eine gute Perspektive haben, betonte er in den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Proteste der vergangenen Woche hätten gezeigt, "dass sich in der Landwirtschaft über Jahre hinweg Frust angestaut hat".
Für einen Dialog mit den Bauern plädiert auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: "Sprachlosigkeit zwischen der Bundesregierung und den Bauern schadet allen Beteiligten", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". In der augenblicklichen Situation seien persönliche Gespräche "dringend notwendig".
H.Ercolani--PV