Lindner wehrt sich gegen Darstellung Deutschlands als "kranker Mann"
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat sich gegen die Darstellung Deutschlands als "kranker Mann Europas" gewehrt. "Deutschland ist nicht der kranke Mann, Deutschland ist ein müder Mann nach einer kurzen Nacht", sagte Lindner am Freitag bei einer Podiumsdiskussion auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizerischen Davos. Die schlechten Konjunkturaussichten seien nun ein "Weckruf": "Und jetzt haben wir eine gute Tasse Kaffee, das heißt, Strukturreformen, und dann werden wir wirtschaftlich weiter erfolgreich sein."
Lindner verwies auf die Herausforderungen nach dem Gaslieferstopp aus Russland. "Wir mussten die deutsche Energieinfrastruktur und -versorgung in den vergangenen 18 Monaten neu erfinden", sagte der Minister in der Diskussionsrunde auf Englisch. Deshalb gebe es nun nicht die beste Wachstumsperspektive, "aber unsere Wirtschaft hat Widerstandsfähigkeit gezeigt". Nun müsse Deutschland seine "Hausaufgaben" machen - im Übrigen wie andere "mit ähnlichen Herausforderungen auch", fügte der Finanzminister an.
Die deutsche Wirtschaft hatte sich im vergangenen Jahr auch im EU-Vergleich schlecht entwickelt. Nach jüngsten Prognosen der Europäischen Kommission sind im EU-Schnitt 0,6 Prozent Wachstum für 2023 zu erwarten. Länder wie Frankreich und Spanien verzeichneten einen stärkeren Anstieg der Wirtschaftsleistung, während sie in Deutschland um 0,3 Prozent abnahm.
Vor allem in englischsprachigen Medien war Deutschland deshalb zuletzt wiederholt als "kranker Mann Europas" bezeichnet worden. Dieser Ausdruck stammt aus den späten 1990er Jahren. Nach der Wiedervereinigung litt die Bundesrepublik unter schwachem Wachstum und hoher Arbeitslosigkeit.
H.Lagomarsino--PV