Überwachung "bis auf die Sekunde": Millionenstrafe für Amazon in Frankreich
Wegen der widerrechtlichen Überwachung von Beschäftigten soll der US-Handelsriese Amazon in Frankreich eine Millionenstrafe zahlen. Amazon habe die Aktivität seiner Lagerbeschäftigten teils "bis auf die Sekunde" überwacht und so gegen die EU-Datenschutzgrundverordnung verstoßen, erklärte die französische Datenschutzbehörde CNIL am Dienstag. Das Tochterunternehmen Amazon France Logistique (AFL) soll nun 32 Millionen Euro Strafe zahlen.
Die Arbeitnehmer in den Amazon-Versandlagern stünden unter ständigem Druck; sogar die Zeit zwischen dem Betreten des Lagers und dem Beginn der Arbeit werde überwacht, erklärte die CNIL. Amazon France Logistique habe "ein übergriffiges System zur Überwachung der Aktivitäten und Leistungen von Arbeitnehmern" eingeführt.
Demnach nutzt das Unternehmen vor allem die Daten der Scangeräte, welche die Beschäftigten nutzen, um Paketdaten zu erfassen. Die Beschäftigten müssten jede Unterbrechung der Tätigkeit ihres Scanners rechtfertigen, auch wenn es nur wenige Minuten seien. So laste "ein ständiger Druck auf ihnen", erklärte die CNIL.
Amazon Frankreich beschäftigt mehr als 20.000 feste Mitarbeiter, von denen ein Teil für AFL arbeitet. Die Logistiktochter verwaltet die großen Versandlager des Online-Händlers. AFL-Chef David Lewkowitz verteidigte in einem AFP-Interview vor wenigen Tagen den Einsatz der vom CNIL kritisierten Technologie; sie sei nötig für den Umschlag von zehntausenden Paketen am Tag.
Am Dienstag erklärte das Unternehmen, die Technologie garantiere "Sicherheit, Qualität und Effizienz". Die Messung von "inaktiver Zeit" diene nicht der Kontrolle der Beschäftigten, sondern zur schnellen Entdeckung von Fehlern in der Lieferkette.
Gegen die Geldbuße will sich das Unternehmen rechtlich wehren. "Wir sind mit den Schlussfolgerungen der CNIL, die sachlich nicht korrekt sind, überhaupt nicht einverstanden und behalten uns das Recht vor, Berufung einzulegen", erklärte ein Konzernsprecher.
Die Geldbuße entspricht drei Prozent des Umsatzes von Amazon Frankreich. Unter der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung können Datenschutzbehörden Unternehmen Strafen von bis zu vier Prozent des Umsatzes auferlegen. Die CNIL hatte 2019 eine Untersuchung bei Amazon angeordnet, nachdem es wiederholt Berichte über Missstände in den Lagern des Konzerns gegeben hatte.
Auch in Deutschland steht Amazon wegen der Arbeitsbedingungen seiner Beschäftigten immer wieder in der Kritik. In der konkreten Frage der Überwachung der Mitarbeiter über die Scangeräte hatte der Konzern im vergangenen Jahr einen gerichtlichen Sieg verbucht: Das Verwaltungsgericht Hannover erlaubte die Überwachung. Die damalige niedersächsische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Barbara Thiel, forderte daraufhin gesetzliche Nachbesserungen.
L.Guglielmino--PV