Festgeldzinsen sinken weiter - EZB dürfte bei Leitzinsen aber weiter warten
Nachdem die Zinsen für Festgeldanlagen schon zum Ende des Jahres erstmals wieder gesunken waren, hat sich der Rückgang im neuen Jahr trotz weiterhin hoher Leitzinsen im Euroraum nochmals beschleunigt. Anfang Januar zahlten die Banken im Schnitt noch 3,01 Prozent Zinsen für Festgeldanlagen mit fünf Jahren Laufzeit, aktuell liegt der Durchschnittszins bei 2,81 Prozent, wie das Vergleichsportal Verivox aus Heidelberg am Donnerstag mitteilte. Gleichzeitig zog die Inflation wieder an.
"Die Zinswende, die sich Ende 2023 bereits angedeutet hatte, gewinnt im neuen Jahr weiter an Kontur", erklärt Oliver Maier, Chef des Verivox Finanzvergleichs. In allen untersuchten Laufzeiten seien die durchschnittlichen Festgeldzinsen in den ersten drei Januarwochen stärker gesunken als im gesamten Vormonat.
Bei zweijährigen Festgeldern fiel der Durchschnittszins seit Jahresbeginn von 3,24 auf 3,09 Prozent. Die Zinsen einjähriger Anlagen sanken von 3,27 auf 3,20 Prozent. Bei einer Inflation von aktuell 3,7 Prozent "rutscht die reale Rendite sicherer Spareinlagen wieder ins Negative", so das Vergleichsportal.
Der Einlagezins der Europäischen Zentralbank (EZB) lag derweil unverändert bei 4,0 Prozent und auch bei die Sitzung des Rats der EZB am Donnerstag wurde keine Zinssenkung erwartet. Allerdings preisen die Banken bei Termingeldern mit festen Laufzeiten die Zinsentwicklung "schon im Voraus ein", erklärte Maier. Sie haben also mögliche Zinssenkungen im Sommer bereits jetzt im Hinterkopf.
Sparerinnen und Sparer sind dadurch benachteiligt. "Die Banken profitieren von den höheren Zinsen, geben dies jedoch kaum an ihre Kunden weiter", mahnte auch der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Marcel Fratzscher in der "Augsburger Allgemeinen" vom Donnerstag.
Eine Gruppe von Wirtschaftsexperten und Europaabgeordneten kritisierte bereits am Mittwoch, dass Banken durch die hohen Zinsen übermäßig hohe Gewinne einführen. Die EZB müsse darauf reagieren, sonst riskiere sie die Akzeptanz der Bevölkerung. Die Experten sprechen sich dafür aus, die sogenannte Mindestreserve für Banken im Euroraum zu erhöhen, um die Gewinne zu begrenzen.
Privatanleger, die verschiedene Angebote vergleichen, könne laut Verivox auch heute noch gute Angebote finden: Im Januar 2024 gab es vereinzelt Banken mit Zinssätzen oberhalb der Teuerungsrate. Kaufkraftverluste seien auch im aktuellen Marktumfeld "kein Naturgesetz". "Über alle Laufzeiten finden sich im vorderen Feld des Marktes noch Banken, die sowohl hohe Zinsen oberhalb der aktuellen Teuerungsrate bieten als auch erstklassigen Einlagenschutz gewährleisten", erklärte Finanzexperte Maier.
Einige Banken zahlten derzeit bis zu vier Prozent Zinsen bei einer Laufzeit von fünf Jahren. Wer sein Geld für zwei Jahre anlegt, kann bis zu 4,1 Prozent Zinsen einstreichen. Anlagen mit einem Jahr Laufzeit bringen bis zu 4,2 Prozent.
Beim Tagesgeld sind derweil keine sinkenden Zinsen zu beobachten. Hier treten die Zinsen seit Anfang Dezember auf der Stelle und liegen aktuell bei 1,72 Prozent im bundesweiten Durchschnitt. "Ihre Konditionen für täglich verfügbare Einlagen können die Kreditinstitute jederzeit an geänderte Marktbedingungen anpassen", erläuterte Maier. Darum zeigten sich Zinsumschwünge beim Tagesgeld häufig etwas später.
E.Magrini--PV