Studie: Rekord-Krankenstand beeinträchtigte die Wirtschaft 2023 massiv
Der hohe Krankenstand im vergangenen Jahr hat einer Studie zufolge maßgeblich zur schwachen Entwicklung der deutschen Wirtschaft beigetragen. Krankheitsbedingte Ausfälle von Arbeitnehmern hätten einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von 26 Milliarden Euro verursacht, erklärte der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA) am Freitag. Dies habe die Wirtschaftsleistung um 0,8 Prozentpunkte gedrückt.
Das bedeutet, dass die deutsche Wirtschaft andernfalls nicht in die Rezession gerutscht wäre. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts verringerte sich das Bruttoinlandsprodukt 2023 um 0,3 Prozent - "ohne die Ausfälle wäre das Bruttoinlandsprodukt leicht um 0,5 Prozent gewachsen", erklärte der VFA.
Die deutsche Wirtschaft schwächele ohnehin im Vergleich zu den anderen Industrienationen, erklärte der Verband. "Bereits seit geraumer Zeit ist der Krankenstand so hoch, dass krankheitsbedingte Ausfälle nicht mehr ohne Weiteres mit den üblichen Mitteln wie Überstunden und Umstrukturierungen aufgefangen werden können."
Die mitgliederstärkste gesetzliche Krankenkasse, die Techniker (TK), meldete am Freitag einen neuen Höchststand beim Krankenstand für das Jahr 2023. "Jede bei der TK versicherte Erwerbsperson (war) 2023 im Schnitt 19,4 Tage krankgeschrieben", erklärte die Kasse. 19,0 Fehltage im Jahr 2022 waren demnach der bisherige Höchstwert seit Beginn Auswertungen im Jahr 2000. 2019 lag der Schnitt noch bei 15,4 Tagen.
"Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wie grippale Infekte, Bronchitis oder Grippe", erklärte TK-Chef Jens Baas. "Sie machen mehr als ein Viertel der Fehltage aus."
Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) vermutet außerdem einen Dominoeffekt: "Häufige und lange Arbeitsausfälle bedeuten für die verbliebenen gesunden Kollegen und Kolleginnen eine starke Zusatzbelastung, wenn sie die liegen gebliebene Arbeit auffangen müssen", erklärte die KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick.
Der VFA geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft auch wegen ihres großen Industriesektors von dem hohen Krankheitsstand besonders hart getroffen war. Die Experten gehen von potenziellen Einbußen der Industrie von bis zu zehn Milliarden Euro aus. "Dies entspricht rund Prozent der gesamten Wertschöpfung des industriellen Sektors".
Die Ausprägung des Krankenstands war demnach je nach Branche sehr unterschiedlich. So fielen der Studie zufolge rund 70 Prozent des Produktionsausfalls aufgrund der Größe der jeweiligen Branchen im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, in der Metall-, in der Elektro-, in der Pharma- und in der Chemieindustrie an. In der Metallerzeugung war der Krankenstand am höchsten.
Die VFA-Forscher raten auch mit Blick auf den Fachkräftemangel dringend dazu, gegenzusteuern, etwa mit Investitionen in den Gesundheitssektor und Präventionsmaßnahmen. "Würde der in den vergangenen zwei Jahren beobachtete Krankenstand die neue Normalität darstellen, stünden der deutschen Volkswirtschaft Arbeitskraft im Umfang von umgerechnet gut 350.000 Beschäftigten weniger zur Verfügung", erklärten sie. "Dies sollte ein Land, das bereits jetzt mit den Problemen des demografischen Wandels zu kämpfen hat, nicht dauerhaft zulassen."
B.Cretella--PV