Wirtschaftsexperte: GDL-Streik wohl ohne gesamtwirtschaftliche Folgen
Die mehrtägigen Streiks bei der Deutschen Bahn (DB) und auch bei der Lufthansa werden einem Wirtschaftsexperten zufolge wohl ohne negative Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft bleiben. Streiks, die wenige Tage dauern und einzelne Unternehmen betreffen, hätten "meistens keine messbaren gesamtwirtschaftlichen Folgen", sagte Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, am Freitag im Deutschlandfunk.
Die Wirtschaft in Deutschland sei flexibel und könne Beeinträchtigungen durch Streiks relativ schnell ausgleichen, sagte der Ökonom weiter. Fielen Züge aus, stiegen die Menschen aufs Auto oder andere Verkehrsmittel um, verbrauchten so Benzin und verschlissen Reifen. Unternehmen, die auf Lieferungen warten, könnten in den Tagen nach dem Streik mehr produzieren und den Verlust ausbalancieren.
Grundsätzlich seien Streiks in einer konjunkturellen Schwächephase sogar besser zu verkraften als in einer Hochkonjunktur, da es dann kaum Möglichkeiten gebe, die Kapazitäten zu erhöhen. "Die Konjunktur ist also kein Argument, dass man jetzt nicht streiken dürfte", sagte Dullien.
Das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft schätzt den gesamtwirtschaftlichen Schaden der Bahn-Streiks auf 100 Millionen Euro pro Streiktag für die Wirtschaft. Bei mehrtägigen Streiks könne diese Summe weiter ansteigen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) warnte Anfang März vor Versorgungsengpässen und Störungen von Lieferketten bei der Industrie und möglichen Problemen für Energieversorger.
Dullien sagte, bei den betroffenen Unternehmen wie der Deutschen Bahn seien die Kosten eines Streiks Kosten, "die in einem Aushandlungsprozess über die Löhne einfach anfallen". Der wissenschaftliche Direktor des IMK sieht keinen Anlass, etwas am Tarifsystem zu verändern oder Arbeitskämpfe einzuschränken.
Die zunehmenden Streiks im vergangenen und im laufenden Jahr in Deutschland seien das Ergebnis gefallener Reallöhne, fehlender Fachkräfte und hoher Unternehmensgewinne, sagte Dullien weiter. Eine grundsätzliche Trendwende zu mehr Ausständen sei das allerdings noch nicht. In Belgien, Frankreich oder Kanada sei das Streikaufkommen immer noch deutlich höher.
C.Conti--PV