Tausende Stahlarbeiter protestieren in Duisburg gegen Thyssenkrupp-Führung
Mehrere tausend Beschäftigte von Thyssenkrupp Steel haben am Dienstag in Duisburg gegen das Vorgehen der Geschäftsführung beim geplanten Teilverkauf des Unternehmens demonstriert. Die Beschäftigten werfen dem Management laut IG Metall vor, sie übergangen und nicht ausreichend und erst spät über das Geschäft mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky informiert zu haben. Der Konzern widersprach diesem Vorwurf.
Nach Polizeiangaben nahmen 6000 bis 8000 Beschäftigte an der Demonstration in Duisburg teil. Das waren weniger als die zuvor erwarteten 10.000 bis 13.000 Menschen. Die Veranstaltung lief "weitgehend störungsfrei", wie die Polizei gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärte.
Der Industriekonzern hatte vergangenen Freitag mitgeteilt, er wolle zunächst 20 Prozent seiner kriselnden Stahlsparte an die Firma EPCG von Kretinsky verkaufen. Darüber hinaus gebe es Gespräche "über den Erwerb weiterer 30 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft durch EPCG". Ziel sei "die Bildung eines gleichberechtigten 50/50-Joint Ventures".
Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol kritisierte Vorstandschef Miguel López und Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm: "Wir werden von diesen Herren kein Stück weit mehr informiert als es das Gesetz vorsieht." Nasikkol sprach von einer "Provokation" und einer "kalkulierten Kampfansage". Viele Beschäftigte fürchteten um ihren Arbeitsplatz. Die IG Metall forderte eine Garantie für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und für alle Standorte.
Thyssenkrupp widersprach der Darstellung, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht beteiligt zu haben. "Dies war zu keinem Zeitpunkt der Fall und ist auch künftig nicht beabsichtigt", erklärte das Unternehmen. Der Konzern habe in den vergangenen Monaten immer wieder in Gremien und auch öffentlich betont, dass sich Thyssenkrupp in anhaltenden Gesprächen mit EPCG befinde, die auf das klare Ziel einer Partnerschaft ausgerichtet seien.
Konzernchef López hatte am Freitag ein Zukunftskonzept angekündigt, das "eine breite Akzeptanz findet" und betriebsbedingte Kündigungen vermeide. Dabei sei der Dialog mit allen Gremien und der Arbeitnehmerschaft ein "ganz entscheidendes Element". Die angestrebte Partnerschaft habe zudem "keinerlei Einfluss auf die bestehenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge".
Der Essener Konzern hatte Ende vergangenen Jahres nach der Veröffentlichung tiefroter Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr mögliche Veränderungen in seinem Stahlgeschäft angekündigt. Die Sparte leidet seit Jahren unter sinkenden Preisen, steigenden Energiekosten und wachsender Konkurrenz.
Mitte April reagierte Thyssenkrupp bereits mit einer deutlichen Drosselung der Produktion am Standort Duisburg. Damit sei auch "ein noch nicht bezifferbarer Abbau von Arbeitsplätzen verbunden", hieß es damals von Seiten des Unternehmens. Am Freitag hob der Konzern hervor, dass die strategischen Partnerschaft mit EPCG einen wesentlichen Beitrag "zur Sicherung der Stahlindustrie in Deutschland" leisten könne.
An der Veranstaltung in Duisburg nahmen am Dienstag auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (beide SPD), die ihren Wahlkreis in Duisburg hat, und der NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) teil. Die SPD-Landtagsfraktion verlegte kurzerhand ihre Fraktionssitzung "aus Solidarität mit den Beschäftigten" auf die Kundgebung in Duisburg, wie sie auf X mitteilte.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erklärte auf X, dass er von der Thyssenkrupp-Führung erwarte, die Arbeitnehmer miteinzubinden. Ein enges Miteinander zwischen den Sozialpartnern sei "erfolgreiche Tradition" in Nordrhein-Westfalen. "Ich gehe davon aus, dass die Führung von ThyssenKrupp das bei den anstehenden Aufgaben berücksichtigt."
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linken-Gruppe im Bundestag sprach von einer großen Verunsicherung unter den 27.000 Mitarbeitenden der Stahlsparte. Die Beschäftigten hätten keinen Einfluss darauf, was mit ihrem Unternehmen in der Zukunft passiert, "sie wissen nur, dass der Stahlkonzern in Duisburg massiv Rohstahlkapazitäten abbauen will", erklärte Jörg Cezanne.
A.Rispoli--PV