Hofreiter: Scholz muss Verhältnis zu Macron "wieder gerade rücken"
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgerufen, die jüngsten Verstimmungen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auszuräumen. "Wenn das deutsch-französische Tandem nicht funktioniert, haben wir ein Problem in Europa", sagte der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. "Dem Bundeskanzler kommt hier eine entscheidende Rolle zu." Er sei "in der Verantwortung, sein Verhältnis zu Macron wieder gerade zu rücken".
Scholz wird am Mittwoch zu Gesprächen mit dem französischen Präsidenten in Paris erwartet. Beide Seiten haben aber ein eigentlich lange geplantes Treffen ihrer Kabinette am selben Tag überraschend abgesagt. Als Gründe wurden sowohl inhaltliche als auch terminliche Gründe genannt.
Macron hatte dann vor den Beratungen des EU-Gipfels zur Energiekrise am Donnerstag davor gewarnt, dass sich Deutschland in Europa "isoliert". Dies sei "weder für Deutschland noch für Europa gut".
Hofreiter begrüßte, dass es bei dem Brüsseler Gipfel dann doch gelungen sei, im Vorgehen gegen die hohen Energiepreise eine Einigung zu erzielen, auch wenn diese nun im Detail noch ausgestaltet werden müsse. "Entscheidend war, dass die Bundesregierung endlich ihre Blockadehaltung aufgegeben hat", sagte der Grünen-Politiker. "Es ist gut, gemeinsam auf europäischer Ebene Gas einzukaufen. Und ich begrüße, dass man einen Preiskorridor für Gas festlegt."
Hofreiter sieht allerdings schon eine länger anhaltende Entwicklung eines Auseinanderdriftens von Deutschland und Frankreich, die sich schon unter Scholz' Vorgängerin Angela Merkel (CDU) gezeigt habe. Auch sie habe "europapolitisch bei vielen wichtigen Projekten auf der Bremse" gestanden. So habe Macron von Merkel "auf seine europapolitischen Vorschläge nie eine Antwort von Angela Merkel erhalten. Wir müssen uns von dieser schlechten Tradition lösen."
"Auch in dieser Krise ist das Kanzleramt viel zu zögerlich und bindet die europäischen Partner nicht ausreichend ein", sagte Hofreiter zur aktuellen Lage. "Insofern sind die abgesagten Regierungskonsultationen ein Symptom für ein tiefersitzendes Problem, das wir sehr ernst nehmen sollten." Deutschland müsse "dringend aufpassen, dass wir hier nicht in einen Abwärtsstrudel geraten".
Die tieferliegenden Gründe für die fehlende Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich sieht Hofreiter in einem fehlenden Verständnis, "dass wir als Einzelstaaten in Europa nicht groß genug sind, um auf der Weltbühne zu bestehen". Die Europäer brauchten aber einander, "um im Interesse unserer Bevölkerung zu handeln. Wenn wir die Energieversorgung absichern und bezahlbar halten wollen, wenn wir unser Klima schützen wollen, wenn wir neue Arbeitsplätze in Europa schaffen wollen, dann geht das nur miteinander und nicht gegeneinander."
L.Barone--PV