Neue Synagoge in Dessau: Scholz mahnt zum Kampf gegen Antisemitismus
85 Jahre nach der Zerstörung der Synagoge in Dessau ist dort ein neues jüdisches Gotteshaus eröffnet worden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte am Sonntag bei einem Festakt in der sachsen-anhaltischen Stadt, der Neubau mitten in Dessau zeige: "Jüdisches Leben ist und bleibt ein Teil Deutschlands". Zugleich mahnte er zum Kampf gegen Antisemitismus.
"Für Antisemitismus darf es in Deutschland keinerlei Toleranz geben", sagte Scholz. Die Bundesrepublik werde jüdisches Leben "verteidigen und schützen". Es empöre ihn zutiefst, wie sich seit dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel antisemitischer Hass und menschenverachtende Hetze Bahn brächen - "im Internet, in sozialen Medien rund um die Welt und beschämenderweise auch hier bei uns in Deutschland".
Es dürfe kein Wegsehen und Schweigen geben, "wenn Jüdinnen und Juden auf Deutschlands Straßen nicht sicher sind, wenn Davidsterne auf Häuser geschmiert werden, wenn Brandsätze auf Synagogen geworfen werden, wenn die Opfer des Terrors verhöhnt und die Täter verherrlicht werden", forderte Scholz. Jetzt müsse sich zeigen, was "unser 'Nie wieder' bedeutet".
Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel kommt es in Deutschland immer wieder zu Unterstützungskundgebungen für die Hamas, bei der auch antisemitische Parolen skandiert wurden, sowie zu Angriffen auf jüdische Einrichtungen.
Der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, nannte dies "unerträglich" und "besorgniserregend". Die Jüdinnen und Juden bräuchten Deutschlands anhaltende Unterstützung - "jetzt und solange es dauert", sagte Prosor in Dessau.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nannte den Synagogenbau "Symbol eines Neuanfangs". "Aber wir müssen uns auch an die Vergangenheit erinnern, uns ihr immer wieder stellen", sagte Haseloff. Jüdische Menschen müssten sich sicher fühlen, in Sachsen-Anhalt und weltweit, unterstrich der Ministerpräsident.
Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte, der Synagogenbau sei "eine klare, in Stein gemeißelte Antwort" auf Frage nach der der Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland und "ein Bekenntnis zum Bleiben".
Mit dem Bau der neuen Synagoge wurde 2019 begonnen. Es ist der erste Neubau einer Synagoge in Sachsen-Anhalt nach der Progromnacht im Jahr 1938, in der auch die frühere Synagoge in Dessau in Brand gesteckt und zerstört wurde.
Der neue Rundbau steht etwa 300 Meter entfernt vom Dessauer Rathaus und wurde nach Plänen des für seine Synagogenbauten bekannten Architekturbüros von Alfred Jacoby aus Frankfurt am Main errichtet. Die Synagoge ergänzt das 1908 errichtete und heute denkmalgeschützte Rabbinerhaus, in dem der Komponist Kurt Weill Kindheitsjahre verbrachte. Sein Vater Albert Weill war Kantor der jüdischen Gemeinde. Die neue Synagoge trägt daher den Namen Weill-Synagoge.
Der im Jahr 1900 in Dessau geborene Kurt Weill, der gemeinsam mit Bertolt Brecht Werke wie "Die Dreigroschenoper" schuf, floh vor den Nationalsozialisten zunächst nach Frankreich und schließlich in die USA.
J.Lubrano--PV