Protest gegen Amnestiegesetz für Kataloniens Unabhängigkeitsaktivisten
Wenige Tage vor der voraussichtlich endgültigen Verabschiedung von Spaniens Amnestiegesetz für katalanische Unabhängigkeitsaktivisten haben in Madrid mehrere zehntausend Menschen gegen die Regelung protestiert. Nach Angaben der Behörden versammelten sich am Sonntag rund 20.000 Menschen in der Hauptstadt, nach Angaben der Organisatoren von der oppositionellen konservativen Volkspartei (PP) waren es rund 80.000.
"Ich rufe Sie dazu auf, diese Amnestie zurückzuziehen", sagte PP-Chef Alberto Nuñez Feijoo an den sozialistischen Regierungschef Pedro Sánchez gerichtet. "Spanien ist ein Rechtsstaat, in dem alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind", fügte er hinzu. Anwesend bei der Demonstration waren auch die ehemaligen Ministerpräsidenten der PP, José Maria Aznar und Mariano Rajoy.
Zu Rajoys Regierungszeit hatten die Unabhängigkeitsaktivisten 2017 in Katalonien ihr Referendum abgehalten, das zuvor von einem Gericht verboten worden war. Viele Aktivisten wurden im Anschluss von der spanischen Justiz verfolgt.
Durch das nun unter der Regierung Sánchez vorangetriebene Amnestiegesetz könnten rund 400 Mitglieder der Unabhängigkeitsbewegung begnadigt werden, unter ihnen der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont. Das Abgeordnetenhaus in Madrid wird das Gesetz aller Voraussicht nach am kommenden Donnerstag mit Sánchez' Regierungsmehrheit beschließen.
Das Amnestiegesetz ist ein Zugeständnis des Ministerpräsidenten an die Unabhängigkeitsbefürworter, die mit zwei Parteien im Parlament in Madrid vertreten sind. Sánchez war nach der Wahl im vergangenen Jahr auf ihre Unterstützung angewiesen, um eine Regierungskoalition bilden zu können.
"Pedro, tritt zurück", riefen viele Protestierende am Sonntag. Angel Santana, ein aus dem Baskenland stammender Demonstrant, sagte, er befürchte, dass das Amnestiegesetz in Zukunft auch auf ETA-Mitglieder angewendet werden könnte. Die aufgelöste baskische Untergrundorganisation kämpfte vier Jahrzehnte lang für Unabhängigkeit und wird für den Tod von mehr als 850 Menschen verantwortlich gemacht.
Das vor der Abstimmung monatelang debattierte Amnestiegesetz spaltet die spanische Gesellschaft und löste heftige Proteste aus. Puigdemont war nach dem gescheiterten Unabhängigkeitsreferendum 2017 nach Belgien geflohen. Nach der Regionalwahl in Katalonien Mitte Mai hatte er angekündigt, nach Barcelona zurückkehren zu wollen, um dort eine Minderheitsregierung anzuführen. Die bisher in Katalonien regierenden Unabhängigkeitsparteien hatten bei der Wahl ihre Mehrheit verloren.
A.Rispoli--PV